29 Dezember 2019

Ein düsteres Kapitel von Venedig

Wer mit dem Vaporetto den Canal Grande entlang fährt, wird feststellen, dass alle Haltestellen der Linie 1 nach verschiedenen Gebäuden oder Sehenswürdigkeiten benannt sind. Mit Ausnahme der Station "Riva del Biasio". Der Grund hierfür sorgt allerdings für Gänsehaut!

In diesem Artikel erfahrt ihr die grauenvolle Geschichte eines Serienkillers...


Anfang des 16. Jahrhunderts lebte ein Wirt namens Biasio Cargnio im Stadtteil Santa Croce. Am Ufer des Canal Grande, ganz in der Nähe der Kirche San Giovanni Decollato, betrieb der gebürtige Karnier ein kleines Gasthaus. Neben einer überschaubaren Auswahl an Wein verkaufte er dort auch selbstgemachten Aufschnitt, weshalb er von den Venezianern nur "Il Luganegher" (deutsch: Der Wurstmacher) genannt wurde.

Die Haltestelle Riva del Biasio am Canale Grande
Wegen des exquisiten Geschmacks seiner Speisen und den kleinen Preisen, zu denen er sie verkaufte, war er nicht nur auf der Insel, sondern auch auf dem angrenzenden Festland bekannt. 

Die Spezialität des Hauses war das sogenannte Sguazeto: Ein deftiger Eintopf mit Wursteinlage. Hierfür wurde das Fleisch zuvor geduldig in Rotwein eingeweicht und mit diversen Gewürzen verfeinert. Keinem Koch der Region gelang es, den einzigartigen Geschmack nachzuahmen.



Eines Tages besuchte ein Arzt aus Padua das Gasthaus und bestellte den berüchtigten Eintopf. Während er aß, fand er plötzlich ein Stück eines winzigen, menschlichen Fingers samt Nagel auf seinem Teller. Geschockt verließ er das Lokal und rief sofort die Quarantia Criminale. Als diese kurze Zeit später anrückte und den hinteren Teil der Herberge in Augenschein nahm, entdeckten sie zahlreiche Babyleichen. Biasio gestand. Es wurde allerdings nie bekannt, wie viele Kinder er tatsächlich getötet hatte, um damit die Spezialität des Hauses herzustellen. Er wurde sofort verhaftet und ins Gefängnis gebracht, wo ihm beide Hände abgetrennt wurden. 

Abgetrennter Kopf an der Kirche San Giovanni Decollato
Am 18. November 1503 erfolgte sodann die Urteilsverkündung: Biasio wurde auf der Piazzetta gefoltert, geköpft und gevierteilt. Seine Überreste wurden  im Anschluss aufgespießt und öffentlich in den Hauptgebieten der Stadt zur Schau gestellt. Dies sollte jeden davor warnen, die abscheulichen Taten nachzuahmen. 

Der Name Il Luganegher wurde fortan durch "Il Macellaio" (Der Schlachter) ersetzt. Biasios Haus und die Taverne wurden vollständig abgerissen, doch das Ufer trägt noch heute den Namen "Riva de Biasio" und erinnert an das düstere Kapitel der venezianischen Geschichte.

Der an der Hauswand der Kirche San Giovanni Decollato dargestellte, abgeschlagene Kopf dient für viele Venezianer übrigens als Mahnung an dieses Ereignis, wenngleich dieser Kopf eigentlich Johannes den Täufer darstellen soll.

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