23 August 2017

Italiener erzählen aus ihrem Leben - Ein Interview

Es sind die persönlichen Dinge, die Menschen ausmachen. Und deshalb möchte ich euch nach und nach Italiener aus meinem Bekanntenkreis und aus der Umgebung vorstellen, die ganz persönlich von sich berichten.

Was hat sie hierher verschlagen? Womit verdienen Sie ihr Geld in Deutschland? Und was sind ihre Lieblingsorte in Italien? Beginnen wir mit Tonio Abbruzzi, Koch aus Überzeugung und Leidenschaft.





1. Fangen wir mit einer kleinen Vorstellungsrunde an. Tonio, verrate uns wer du bist!

Ich heiße Tonio Bonifacio Abbruzzi und bin am 29.12.1950 in Conversano (Apulien) geboren.
Dort ist es Tradition, den Namen seines Großvaters zu übernehmen. So stammt der Name "Bonifacio" vom Vater meines Vaters. Mein Familienname leitet sich von der Region Abruzzen ab, aus der meine Vorfahren stammen.


Bis zu meinem 13. Lebensjahr bin ich in Conversano aufgewachsen und bei den Jesuiten in die Schule gegangen. Sie haben mich auf meine Zukunft vorbereitet, mir vieles beigebracht und mich so "geformt", wie ich heute bin.


2. Wie lange lebst du schon in Deutschland und was hat dich hierher verschlagen?

Ich lebe seit August 1962 in Deutschland und wohne seit 1980 in Bochum. Wie schon meinen Vater hat es auch mich aus dem Süden hierher verschlagen, um hier eine bessere Zukunft zu haben.


3. Womit verdienst du deinen Lebensunterhalt?

Im Laufe der Jahre habe ich viele verschiedene Berufe erlernt. Meinen Lebensunterhalt verdiene ich  unter anderem als Gastronom, als Dozent, als Reiseleiter, als Dolmetscher und als Übersetzer.


4. Wie ist die wirtschaftliche Situation in Italien - Könntest du mit deinem Beruf dort auch (über)leben?

Die Wirtschaftslage in Italien ist durch die dort herrschende, negative politische Situation natürlich problematisch. Das Land könnte um einiges besser dastehen, denn Italien hat meiner Meinung nach alles, was ein Land nur haben kann: Eine traumhafte Landschaft, einzigartige Produkte, die Italien weltweit bekannt gemacht hat, wie z.B. die Autoindustrie, das Modegeschäft, die beliebte italienische Küche und natürlich die Menschen, die dort leben. Das, was ich hier gelernt habe, könnte ich natürlich auch in Italien beruflich machen und davon leben, zumal ich zwei Mentalitäten miteinander verbinden kann. Das ist ein großer Vorteil für mich!


5. Wenn du noch mal entscheiden könntest - Würdest du wieder nach Deutschland kommen?

Schwer zu sagen... Doch wenn ich auf meine berufliche Karriere zurückschaue, würde ich sagen:
Ja, ich würde wieder nach Deutschland kommen!


6. Was liebst du an deiner Heimat besonders?

Die Frage ist - Was ist Heimat für mich? Da ich seit meiner Jugend hier in Deutschland lebe, ist Deutschland meine zweite Heimat. Doch in Italien liegen natürlich meine Wurzeln, die mich geprägt haben. Was ich an Italien liebe, ist die Ungezwungenheit, die unbeschreibliche Lebensfreude der Menschen und der tägliche Genuss beim Kochen und beim Essen in familiärer Gesellschaft.


7. Als waschechter Italiener bist du sicher auch ein Fußballfan.
Für welchen Verein schlägt dein Herz?

Na ja, ein echter Fußballfan bin ich nicht. Aber Juventus Turin finde ich toll!


8. Was sind deine Lieblingsplätze in Italien und warum?

Als ehemaliger Reiseleiter habe ich in Italien viele Plätze kennen und lieben gelernt.
Klar, in erster Linie zählt natürlich mein Geburtsort dazu, denn dort fühle ich mich wohl und das Sprechen und Verstehen des apulischen Dialekts verbindet! Aber auch die Toskana gefällt mir sehr gut! In Lucca habe ich zum Beispiel einen interessanten Vormittag auf der "Piazza dell`Anfiteatro" verbracht und dort viele gute Gespräche mit den Einheimischen geführt. Auch die "Piazza del Duomo" in San Gimignano finde ich super. Hier habe ich ein paar schöne Stunden verbracht und einen der besten Harfenspieler (Andrea Piazza) kennenlernen dürfen. Auch die "Piazza del Campo" in Siena und die "Piazza della Signoria" in Florenz liebe ich!


9. Was gefällt dir an Deutschland und was nicht?

Mir gefällt die Art und Weise, wie die Deutschen mit Sachverhalten umgehen. Auch deren Liebe zu Italien empfinde ich als etwas ganz Besonderes!  Es ist viel mehr, als bloß Schwärmerei: Eher eine Art Treue zu meinem Heimatland und das rührt mich. Negative Eigenschaften hat sicher jedes Land, doch ich lebe gerne in Deutschland, weil mir dieses Land alles gegeben hat, was es zur Persönlichkeit eines Menschen bedarf.


10. Was ist für dich typisch deutsch, und was typisch italienisch?

Typisch deutsch sind für mich die Disziplin, die Pünktlichkeit und die Gewissenhaftigkeit der Menschen im alltäglichen Leben.

Typisch italienisch ist, sich gut zu kleiden wenn man ausgeht und es sich gut gehen zu lassen (vor allem beim Essen!). Bei den Italienern gibt es keinen Geiz, dafür viel Macho-Gehabe, Unzuverlässigkeit und Unpünktlichkeit.


11. Wo möchtest du deinen Lebensabend verbringen - In Deutschland oder in Italien?

Eine schwierige Frage, wenn man noch nicht an dem Punkt angelangt ist, den Lebensabend genauer zu definieren... Vorsorglich habe ich aber schon frühzeitig angefangen, meine Lebens- und Wohnträume in meiner Geburtsstadt Conversano zu realisieren. So bin ich vorbereitet, wenn der Moment gekommen ist, den Ruhestand näher zu definieren. Letztlich bin ich selbst gespannt, in welchem Land ich meinen Lebensabend später einmal verbringen werde. Wichtig dabei ist, seine Träume beizubehalten. Denn ohne Träume, kein Lebensabend - Völlig egal, in welchem Land.

12. Was tust du bei Fern-, bzw. Heimweh?

Meist schaue ich auf die Facebook- / Instagramseite meiner Heimatstadt. So bin ich über alle Neuigkeiten von Conversano informiert und fühle mich ein bisschen wie vor Ort. Da ich einige Bücher über Conversano geschrieben habe, stehe ich zudem ständig in Kontakt mit kulturellen Institutionen meiner Heimat. Das lindert mein Heimweh ebenfalls.


13. Wie und wo verbringst du die Oster- und Weihnachtsfeiertage?

Bis vor 3 Jahren waren die Feiertage für mich die wichtigsten Tage im Jahr. Ich habe sie stets gerne traditionell im Kreise der Familie verbracht. Durch den Tod meiner Mutter und die damit verbundenen Umstände hat sich mein Leben jedoch schlagartig verändert. Seitdem verbringe ich die Feiertage je nach Gegebenheit des Moments.


14. Hast du ein Lebensmotto oder ein Lieblingszitat?

Mein persönliches Lebensmotto habe ich schon früh bei den Jesuiten gelernt: „Machst du das, woran du glaubst, so wirst du bei anderen glaubwürdig.“.

Mein Lieblingszitat stammt von Theresia von Avila und handelt von unserem Körper und dem, was wir ihm täglich geben. Es lautet: „Tu deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“.


15. Was wünschst du dir für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass meine Träume sich dahingehend realisieren lassen, dass sich Lebensglück, Lebensträume und -Wünsche für einen Lebensabend zu zweit vereinen lassen.



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